Alarmstufe Rot beim Finanzgipfel der bayerischen Landräte mit den Regierungsfraktionen

22. Oktober 2024: Landkreise fordern Unterstützung vom Freistaat Bayern
Alarmstufe Rot beim Finanzgipfel der bayerischen Landräte mit den Regierungsfraktionen

Die finanzielle Situation der Landkreise in Bayern hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Die bayerischen Landräte haben deswegen im Hofbräukeller in München heute einen Krisengipfel zu den Kommunalfinanzen mit den Mitgliedern der CSU-Landtagsfraktion und der Fraktion FREIE WÄHLER abgehalten. Angesichts steigender Ausgaben in nahezu allen Aufgabenbereichen fordern die Landkreise eine substanzielle Aufstockung der finanziellen Mittel durch den Freistaat, um ihre grundlegenden Aufgaben weiterhin erfüllen zu können. 

Die Hauptursachen für die Schieflage der Kreisfinanzen sind klar: Die Ausgaben für soziale Leistungen, insbesondere die Kinder- und Jugendhilfe, sowie die Integration von Flüchtlingen sind stark gestiegen. Allein zwischen 2019 und 2022 erhöhten sich die Kosten für die Kinder- und Jugendhilfe um über 110 Millionen Euro auf rund 1,14 Milliarden Euro. Die zunehmende Aufgabenbelastung führt dazu, dass die Personalausgaben von 2018 bis 2023 um etwa 530 Millionen Euro gewachsen sind, was einer Steigerung von 35 Prozent entspricht. Mit über 5 Milliarden Euro alleine im 1. Halbjahr 2024 erreichte das kommunale Finanzierungsdefizit einen neuen Negativrekord. 

Zusätzlich belasten Defizitausgleiche, insbesondere bei Krankenhäusern und im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), die Kreishaushalte enorm. Die Landkreise haben in den Jahren 2021 bis 2023 rund 1,24 Milliarden Euro für ihre Krankenhäuser aufgebracht, wovon ein erheblicher Teil für Defizitausgleiche verwendet wurde. 

„Die Kosten laufen uns davon und sind mit kommunalen Mitteln nicht mehr in den Griff zu bekommen. Die Landkreise erledigen die Aufgaben des Freistaates mit kommunalem Personal. Im sozialen Bereich werden immer mehr und höhere Ansprüche geschaffen. Wir können hier nicht weniger ausgeben, weil wir diese Ansprüche kraft Gesetzes erfüllen müssen. Bei der Finanzausstattung ist der Freistaat unser erster Ansprechpartner. Die finanziellen Reserven im Staatshaushalt müssen daher für die Kommunen genutzt werden, ansonsten kostet es uns die kommunale Selbstverwaltung und ist ein Schlag in das Herz unserer Demokratie“, so der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Thomas Karmasin, Fürstenfeldbruck, einleitend. 

Landrat Franz Löffler, Cham, Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr, beim Bayerischen Landkreistag, bekräftigte: „Im Bundesrat haben die Kommunen keine Stimme. Die Finanzbeziehungen finden zwischen Bund und Ländern statt. Wir müssen uns miteinander die Frage stellen, wie wir mit unserem Sozialstaat umgehen. Leistungen müssen eingegrenzt und dereguliert werden.“ 

Landrat Stefan Rößle, Donau-Ries, Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen und Sparkassen beim Bayerischen Landkreistag: „Die kommunalen Finanzierungssalden erreichen neue Negativrekorde und verdeutlichen die ungebremste Ausgabendynamik. Die bayerischen Kommunen bilden damit das Schlusslicht unter den Flächenländern. Wir brauchen ein tragfähiges Fundament, das sich auf das Notwendige fokussiert. Der notwendige Abbau von Aufgaben und Standards geht aber nicht von heute auf morgen. Wir brauchen einen kräftigen Aufschlag des Freistaats Bayern. Ein kraftvoller kommunaler Finanzausgleich 2025 wäre ein erster Schritt.“ 

Der Dritte Vizepräsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Sebastian Gruber, Freyung-Grafenau: „Während der Freistaat bei seiner Politik der Nicht-Verschuldung auf die Verfassung verweisen kann, mussten die Kommunen in den zurückliegenden Jahren weiter in die Schulden gehen. Auch starke Kommunen werden spätestens 2026 enorme Probleme haben, um genehmigungsfähige Haushalte aufzustellen.“ 

Die Landkreise fordern daher: 

1. Erhöhung der Schlüsselzuweisungen: Eine angemessene Grundfinanzierung ist notwendig, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen sicherzustellen.  

2. Kontinuität anstelle von befristeten Förderprogrammen: Anstelle zahlreicher Förderprogramme benötigen die Kommunen laufende, nicht zweckgebundene Mittel. 

3. Vermeidung weiterer Mehrbelastungen: Der Freistaat muss sicherstellen, dass bundesgesetzliche Änderungen ohne vollen Kostenausgleich nicht zu Lasten der Kommunen gehen.

Die Landkreise appellieren an die Bayerische Staatsregierung, die finanzielle Ausstattung der Kommunen substanziell zu verbessern und Standards an die Aufgabenerfüllung konsequent abzubauen. Nur gemeinsam können wir die Herausforderungen meistern und die Lebensqualität in unseren Landkreisen sichern.